Lawinen - Besondere Gefahr am Arbeitsplatz
Die Mitarbeitenden von armasuisse Wissenschaft und Technologie (W+T) führen während des ganzen Jahres Schiess- und Sprengversuche durch. Dies auch im tiefsten Winter auf abgelegenen Schiessplätzen in den Bergen. Es kann dabei nie ausgeschlossen werden, dass sich eine Lawine löst. Um die Mitarbeitenden optimal auf den Ernstfall vorzubereiten, werden regelmässig interne Ausbildungen der Lawinenverschüttetensuche durchgeführt.
Lucas Ballerstedt, Stab, Kompetenzbereich Wissenschaft und Technologie

Der Schiessplatz Hinterrhein wird auch im Winter rege genutzt. Schneehöhen von einem Meter im Tal und noch grössere Schneemengen in den Bergen sind keine Seltenheit. Um die Mitarbeitenden von armasuisse optimal auf die alpinen Gefahren vorzubereiten, werden sie regelmässig geschult. Dies trägt zur Sicherheit aller Beteiligten von Schiess- und Sprengversuchen bei.
Im Winter 2023/2024 registrierte das Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF 234 Lawinenabgänge mit Personen- oder Sachschäden. Hochgerechnet auf die Wintersaison ist dies eine beachtliche Anzahl. Auf dem Schiessplatz Hinterrhein besteht im Winter je nach Wetterlage eine erhöhte Lawinengefahr. Die Mitarbeitenden von armasuisse W+T verfügen über die notwendige Ausbildung, um die Schiessplätze auch bei erhöhter Lawinengefahr sicher betreten zu können. So werden auch im Winter regelmässig Schiess- und Sprengversuche durchgeführt. Diese dauern in der Regel mehrere Wochen. Die Schneemengen und die Witterungsverhältnisse können dabei stark variieren, was einen direkten Einfluss auf die Lawinengefahr hat. So ist es naheliegend, dass die Druckwelle beim Schiessen, eine Lawine auslösen kann. Die Mitarbeitenden von armasuisse W+T haben bereits Lawinenabgänge auf Schiessplätzen erlebt. Dank der Sicherheitsvorkehrungen kam es zu keinen Personenschäden. Sollte es dennoch dazu kommen, ist rasches Handeln und gute Vorbereitung gefragt.
Das Lawinenbulletin vom Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF informiert die Öffentlichkeit über die Schnee- und Lawinensituation in den Schweizer Alpen und im Jura. Das Bulletin unterteilt die Gefahr von Stufe 1 (gering) bis Stufe 5 (sehr hoch).
Sicherheit geht immer vor
Vor den Schiessversuchen im Winter führt Christian Michel, Projektingenieur Mobilitätserprobung im Weapon Test Center, interne Kurse zur Lawinenverschüttetensuche durch. Christian ist in den Bergen zu Hause und verfügt über viel alpine Erfahrung. Ziel der Kurse ist es, die Mitarbeitenden optimal auf einen Lawinenunfall auf den Schiessplätzen vorzubereiten. Auch Mitarbeitende der RUAG und SBDS, welche für die Unterstützung der Schiess- und Sprengversuche engagiert werden, nehmen an den Ausbildungen teil. Dabei werden Theorie und Praxis kombiniert: von der Verschüttetensuche, Schaufeltechnik, technischem Wissen über Suchgeräte bis hin zu praktischen Übungen im Gelände. Die Teilnehmenden werden mit einem Lawinenverschütteten-Suchgerät (LVS) ausgerüstet. Dieses gehört zu der persönlichen Sicherheits-Ausrüstung, die die Mitarbeitenden während der Schiess- und Sprengversuchen im Winter immer bei sich tragen. Die Geräte sind gleichzeitig Sender und Empfänger. Somit wird das gleiche Gerät für das Senden und für die Suche verwendet. In eingeschaltetem Zustand sendet es ein Ortungssignal aus. Als Empfänger ist es möglich, eine verschüttete Person mit eingeschaltetem LVS-Gerät zu orten, um sie möglichst ohne Zeitverzögerung zu bergen. Denn bereits nach 15 Minuten beträgt die Überlebenschance einer verschütteten Person nur noch etwa 50%. Die rasche Ortung und Bergung eines Verschütteten sind daher von entscheidender Bedeutung. Der wichtigste Grundsatz lautet dabei immer: sich selbst nie in Gefahr bringen! Zum Suchgerät gehören eine Lawinen-Schaufel und eine Lawinen-Sonde, um die Minimalausrüstung zu komplettieren. Diese Ausrüstung ist bei Schiess- und Sprengversuchen immer griffbereit. Mit der Sonde wird nach der Punktortung rasterförmig im Abstand von ca. 25 cm nach einem Verschütteten gesucht. Ist ein solcher gefunden, folgt der anstrengendste und aufwendigste Teil der Rettung: das Schaufeln. Beim Schaufeln ist es wichtig, dass nicht direkt über der verschütteten Person geschaufelt wird, sondern horizontal hangabwärts. Dies dient der Sicherung eventuell vorhandener Lufthohlräume und der Möglichkeit einer freien Atmung des Verschütteten. Liegt eine Person einen Meter unter dem Schnee, müssen etwa 600 Kilogramm Schnee weggeschaufelt werden. Dies kann je nach körperlicher Verfassung und Anzahl der Rettungspersonen bis zu 10 Minuten oder länger dauern.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Jeden Tag, bevor die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Gelände gehen, oder nach Pausen, findet ein Gruppencheck statt. Dabei werden die Geräte auf ihre korrekte Funktion geprüft. Tritt ein Notfall mit einer Lawinenverschüttung ein, müssen alle Geräte miteinander funktionieren, um den Verschütteten so schnell wie möglich zu finden, denn in solchen Fällen ist es ein Rennen gegen die Zeit. Deshalb braucht es bei einem Lawinenunfall auch eine klare Rollenverteilung und eine Person, welche die Suche und Rettung koordiniert. Diese Rolle übernimmt in der Regel der Schiessleiter oder eine definierte Person.
Dank Sicherheitsvorkehrungen, klaren Abläufen und guter Vorbereitung sind die Mitarbeitenden von armasuisse W+T bestens auf einen möglichen Wintereinsatz vorbereitet. Entscheidend sind jedoch regelmässige Übungen im Umgang mit der Lawinensicherheitsausrüstung und das Vertrauen untereinander. Mit umfassenden Risikoanalysen in Zusammenarbeit mit den lokalen Schiessplatzverantwortlichen konnte bis heute eine Lawinenverschüttung von armasuisse Mitarbeitenden vermieden werden. Mit den armasuisse-internen Sicherheitsvorkehrungen sind die Mitarbeitenden jedoch bestens für den Ernstfall vorbereitet.




