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MitteilungVeröffentlicht am 8. März 2024

Erste erfolgreiche Quantencomputing-Experimente am Cyber-Defence Campus

Der Cyber-Defence (CYD) Campus von armasuisse Wissenschaft und Technologie (W+T) führt gegenwärtig Tests zu Quantencomputing durch. In diesem Projekt geht es darum, den sogenannten Shor-Algorithmus mit Open-Source-Code zu implementieren. Der CYD Campus hat sich zum Ziel gesetzt, die laufenden Fortschritte von Quantencomputern zu bewerten, insbesondere hinsichtlich ihrer Fähigkeit, bestehende Verschlüsselungsmethoden zu knacken.

Andrea Thäler, Fachbereich Cybersicherheit und Data Science, Kompetenzbereich armasuisse Wissenschaft und Technologie

Ein Bild eines Quantencomputers

Obwohl Quantencomputer den neuesten Stand der technologischen Entwicklung darstellen, ist ihre Anwendung in der Praxis nach wie vor kaum fassbar. Zurzeit existieren sie lediglich als Prototypen. Diese verfügen jedoch nicht über die ausreichende Rechenleistung, um Bahnbrechendes zu erreichen. In der Welt der Cybersicherheit warten alle auf den «Q-Day»: den Tag, an dem ein Quantencomputer gebaut wird, der in der Lage ist, Verschlüsselungsprotokolle zu knacken kann, auf denen das Internet basiert.

Die aktuellen Fortschritte des CYD Campus

Dr. Julian Jang-Jaccard, Evgueni Rousselot, Dr. Alain Mermoud und Dr. Vincent Lenders haben den Shor-Algorithmus erfolgreich auf mehreren Quantencomputern des IT-Unternehmens IBM ausgeführt, um die Entwicklung dieses wichtigen Quantenalgorithmus zu verstehen. Die Leistungsfähigkeit des Algorithmus misst sich hauptsächlich daran, ob er grosse Zahlen faktorisieren kann. Unser aktueller Fortschritt zeigt, dass die Weiterentwicklung der Shor-Implementierung noch in den Kinderschuhen steckt. Die derzeitige Fähigkeit von Quantencomputern ist nur in der Lage, sehr kleine Zahlen zu faktorisieren (z.B. N=15 und 21), und selbst das nur mit verschiedenen Beschränkungen. Die Faktorisierung von 2048-Bit-Zahlen bleibt ein weit entferntes Ziel.

Die Bewertung der Quanteninfrastruktur

Ein entscheidender Aspekt des CYD Campus-Projekts ist die Bewertung der bestehenden Quantencomputer-Infrastruktur. Indem der CYD Campus mit fünf Quantencomputing-Unternehmen zusammenarbeitet und drei Cloud-Service-Anbieter nutzt, erzielt er wertvolle Einblicke in den aktuellen Stand der zukünftigen technologischen Landschaft Bereich des Quantencomputings. Diese Evaluation unterstützt nicht nur die aktuelle Forschung des CYD Campus, sondern bietet auch strategische Vorteile für das Militär. Denn solche Analysen können als Grundlage für künftige Investitionsentscheidungen und für die Zusammenarbeit mit Industrie und Hochschulen dienen.

Auch in Zukunft sollen weitere Forschungsergebnisse im Bereich des Quantencomputings validiert und Experimente auf verschiedenen Plattformen fortgesetzt werden. Dank der umfangreichen Forschungsarbeiten vertieft der CYD Campus sein Verständnis des Quantencomputings und bereitet sich auf seine unumgängliche Integration in die zukünftige Technologielandschaften vor. Durch diverse praktische Anwendungen und die weitere Erforschung des Quantencomputings besteht die Zuversicht, dass das tatsächliche – wenn auch schwer fassbare – Potenzial des Quantencomputeres verständlicher und zugänglicher wird.

Info Box zum Quantencomputer

Quantencomputer funktionieren auf der Basis von Qubits, den Quanten-Pendants zu klassischen Bits. Während der klassische Computer Daten in binärer Form kodiert (entweder 0 oder 1), existieren Qubits durch die gleichzeitige Überlagerung dieser beiden Zustände. Diese einzigartige Eigenschaft ermöglicht es Quantencomputern, mehrere Rechenwege gleichzeitig zu erforschen. Diese Fähigkeit ist sehr vielversprechend für die Lösung komplexer Probleme.

Forschende schätzen, dass Quantencomputer für die Bewältigung dieser grossen Rechenaufgaben wahrscheinlich mindestens eine Million Qubits benötigen. Die heutigen Quantencomputer sind nicht annähernd so weit. Der jüngste Quantenprozessor von Google hat beispielsweise nur 72 Qubits. Der weltweit grösste, von IBM entwickelte, Quantencomputer umfasst derzeit 1121, wabenförmig angeordnete Qubits. Einen Quantencomputer von nur ein paar Dutzend oder ein paar hundert Qubits auf eine Million Qubits zu vergrössern, ist eine immense technologische Herausforderung. Der Grund dafür: Qubits sind sehr fragil, denn sie bestehen aus einzelnen subatomaren Teilchen in empfindlichen Quantenzuständen. Die Qubits in diesen Quantenzuständen stabil zu halten, ist extrem schwierig.

Das Besondere an Quantencomputern besteht darin, dass sie – verglichen mit herkömmlichen Computern - einen grundlegend anderen, zukunftsweisenden Rechenansatz verwenden. Während herkömmliche Computer Daten sequenziell verarbeiten, nutzen Quantencomputer die Überlagerung und Verschränkung der Qubits um parallele Berechnungen durchzuführen. Dieser Paradigmenwechsel wird tiefgreifende Auswirkungen haben, insbesondere im Bereich der Kryptografie. Denn Quantencomputer könnten, durch die rasche Entschlüsselung chiffrierter Daten, die gängigen Verschlüsselungsmethoden obsolet machen.

Bis das Potenzial des Quantencomputings voll genutzt werden kann, müssen aber noch viele Herausforderungen bewältigt werden. Einflussfaktoren wie Hitze, elektrische Signale, Magnetfelder und selbst kosmische Strahlung können die empfindlichen Quantenzustände von Qubits stören und somit zu Rechenfehlern führen. Die Vergrösserung von Quantencomputern auf die Millionen von Qubits, die für umfangreiche Rechenaufgaben erforderlich sind, verstärkt diese Herausforderung zusätzlich.  Dies auch, weil es immer schwieriger wird, die Qubits in einem stabilen Zustand zu halten.