Es gilt das gesprochene Wort

Werte Vertreterinnen und Vertreter von Schweizer Jugend forscht
Liebe Jungforscherinnen und Jungforscher
Meine Damen und Herren

Vor fast 1000 Jahren prägte der Philosoph Bernhard von Chartres ein Gleichnis, das uns bis heute begleitet:

Jenes von Zwergen, die auf den Schultern von Riesen sitzen.
Damit beschrieb er, wie das Wissen heutiger Generationen auf dem Fundament der Errungenschaften und Einsichten früherer Epochen aufbaut.

Die heutigen Denkerinnen und Forscher sind in diesem Bild Zwerginnen und Zwerge. Aber weil sie auf den Schultern von Riesinnen und Riesen stehen, können sie «weiter sehen».

Sie sind in der Lage, Neues zu entdecken, es weiterzuentwickeln und über die Grenzen hinauszublicken, die für die Riesen selbst unüberwindbar waren.

Seit der Zeit Bernhards von Chartres hat die Forschung gewaltige Fortschritte gemacht, die in ihrer Dimension einem eigentlichen Quantensprung gleichen.

Es scheint, als seien heutzutage in der Wissenschaft kaum noch Grenzen unüberwindbar.

Neugierige Geister wie Sie, die unermüdlich nach dem Gesetz, dem Grund, dem Warum und dem Wie suchen, sind die treibende Kraft hinter der Entstehung von neuem Wissen.

Ich wage zu behaupten: Die Schweiz am Anfang des 21. Jahrhunderts ist kein schlechter Ort für junge Forscherinnen und Forscher:

•    Wir sind uns bewusst, dass für ein rohstoffarmes Land wie die Schweiz Innovationen unabdingbarer Antrieb des Wachstums und Voraussetzung für Arbeitsplätze und Wohlstand sind.

•    Auch in Zeiten des Sparens kann sich die Bildungs- und Forschungslandschaft Schweiz im internationalen Vergleich sehen lassen.

•    Es ist längst erkannt, dass ein junges Alter keine Grenze für bahnbrechende Innovation ist.

•    Das Internet als ideales Instrument für den Umgang mit Open Science macht Forschungsergebnisse aus aller Welt sofort abrufbar, überprüfbar und nutzbar.

•    Und vor allem: Es fehlt nicht an Problemen, die dringend nach Lösungen verlangen…

Dieser letzte Punkt ist zugleich ernüchternd:

Trotz nahezu unbegrenztem Zugang zu Wissen und beispiellosen Forschungsleistungen verzeichnen wir weltweit Rückschritte in entscheidenden Bereichen.

Demokratie und Menschenrechte, der Kampf gegen den Klimawandel, globale Gleichberechtigung, Frieden und Sicherheit: In all diesen Feldern sind die Herausforderungen immens.

Es wäre jedoch unverzeihlich, jetzt die Hände in den Schoss zu legen, sich zu denken: daran kann ich nichts ändern, und tatenlos zu verweilen.

Im Gegenteil, liebe Forschende:

Gerade angesichts der Herausforderungen ist es umso lohnenswerter und lobenswerter, das Heft in die Hand zu nehmen, oder das Reagenzglas, das Mikroskop, das Spektrometer, den Fragebogen, das Buch und den Computer – wie Sie das tun.

Denn:

Was vermittelt Hoffnung, wenn nicht das Vertrauen in die eigene Fähigkeit, Lösungen zu finden?

Was vermittelt Hoffnung, wenn nicht selbst zur Tat zu schreiten und neue Perspektiven zu schaffen?

So wie es in der Geschichte schon unzählige Menschen vor Ihnen getan haben, die auf die Herausforderungen ihrer Zeit Antworten fanden – oder ganz einfach: Menschen, die innovativ waren.

Meine Damen und Herren

Man kann die Kraft kaum überschätzen, die entsteht, wenn junge Menschen ihrer Neugier folgen, forschen und neue Ideen entwickeln. Ihre Projekte zeigen dies auf eindrückliche Weise.

Deshalb ist die Nachwuchsförderung in Bildung, Forschung und Innovation (BFI) dem Bundesrat ein grosses Anliegen.

Alle relevanten Akteure in der Schweiz haben sich zum Ziel bekannt, dass die Hochschulen für Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft genügend Nachwuchskräfte ausbilden.

Die Nachwuchsförderung im MINT-Bereich ist vor dem Hintergrund der digitalen Transformation eine besondere Herausforderung.

Im Auftrag des Bundes konzipieren die Akademien der Wissenschaften Schweiz Programme und Projekte zur Förderung von MINT-Aktivitäten bei Kindern und Jugendlichen.

Die Fragen dieser Welt greifen jedoch zu tief, um sie bloss naturwissenschaftlich-technisch angehen und lösen zu können.

Darum ist es gesellschaftlich relevant, dass am Wettbewerb von Schweizer Jugend forscht auch Arbeiten aus den Fachrichtungen Künste, Geschichte, Literatur oder Philosophie ihren Platz haben.

Liebe Jungforscherinnen und Jungforscher, es ist mir durchaus bewusst:

Forschen ist nichts für jene, die schnell aufgeben; es braucht viel Einsatz und Fleiss, eine gehörige Portion Selbstdisziplin, jede Menge Ausdauer und Zeit, um immer wieder neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Oft bringt nicht die Antwort die wichtigste Erkenntnis, sondern eine neue, richtungsweisende Frage – das ist vielleicht nicht immer befriedigend.

Mais c’est justement là que réside l’intérêt : ne pas abandonner, continuer à explorer et relever de nouveaux défis !

Ces qualités vous caractérisent. Je vous félicite chaleureusement pour vos remarquables performances !

Et maintenant, je suis impatiente de voir les projets que vous allez présenter.

J’en suis certaine, vous deviendrez les géantes et les géants sur les épaules desquels une nouvelle génération continuera ses recherches !

«Sie sind in der Lage, Neues zu entdecken, es weiterzuentwickeln und über die Grenzen hinauszublicken»