Es gilt das gesprochene Wort

Herr Präsident
Frau Pavlová
Exzellenzen
Liebe Bundesrats-Kolleginnen und -Kollegen
Meine Damen und Herren

Wir freuen uns sehr, Herr Präsident, dass Sie und Ihre Delegation die Schweiz besuchen.

Es ist der erste Staatsbesuch eines tschechischen Präsidenten in unserem Land seit demjenigen Ihres legendären Vorgängers Václav Havel im Sommer 2001. Die bilateralen Beziehungen haben sich seither stark entwickelt. Es ist höchste Zeit, dies zu würdigen und zu unterstreichen, wie viel unsere Länder verbindet.

So etwa die Tradition des Erfindungsgeistes, die in der Schweiz wie in der Tschechischen Republik weit zurück reicht. Ohne uns müsste die Welt womöglich auf so nützliche Gegenstände wie die Kontaktlinse verzichten, auf den Schraubenpropeller, den Klettverschluss – oder auf den Pürierstab.

Offenbar teilen Schweizerinnen und Schweizer sowie Tschechinnen und Tschechen auch in anderen Bereichen eine Vorliebe für praktische Dinge, wie zum Beispiel für funktionale Wanderausrüstung. Daran können wir uns gegenseitig überall auf der Welt erkennen. Als Berggängerin werde ich künftig besonders darauf achten.

Die engen Bande erklären sich zudem durch die Geschichte – etwa dadurch, dass nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 13'000 Menschen aus der damaligen Tschechoslowakei in der Schweiz eine neue Heimat fanden.

Die Suche nach Gemeinsamkeiten kann uns weiter zurückführen. So hat König Sigismund von Burgund im frühen 6. Jahrhundert das Kloster St. Maurice im Wallis gegründet. Später wurden seine Gebeine von Reliquiensammlern nach Prag gebracht, wo er zu einem Schutzpatron des Königreichs Böhmen aufstieg.

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Herr Präsident
Exzellenzen

Es gibt vieles, das unsere Staaten verbindet. Wir werden heute Gelegenheit haben, das gesamte Spektrum der bilateralen Beziehungen zu erörtern. Und wir werden auf internationale Entwicklungen zu sprechen kommen.

Die globale Aufmerksamkeit ist derzeit auf Washington gerichtet. Das amerikanische Volk hat gewählt, und diese Wahlen haben grosse Auswirkungen auf den Rest der Welt.

Es gibt jedoch globale Trends, die langfristig wirken und auf die wir uns als Europäerinnen und Europäer noch vermehrt werden einstellen müssen. Dazu zählen die fragmentierte geostrategische Lage, die zunehmenden Konflikte und der wachsende wirtschaftliche Protektionismus. Die allermeisten europäischen Staaten sind heute Demokratien, Rechtsstaaten, Volkswirtschaften, die unternehmerisches Denken und soziale Errungenschaften kombinieren. Das ist ein gutes Modell. Ich wage zu sagen: Das beste in der Menschheitsgeschichte! Es ist an uns, es zu erhalten, es sturmfest zu machen.

Wenn Länder wie die Schweiz und die Tschechische Republik ihren politischen Austausch pflegen, über die Sicherheitslage diskutieren, die Wirtschaftskontakte fördern – kurz: wenn wir unsere Bande stärken –, dann tragen wir dazu bei, das europäische Gefüge insgesamt zu festigen. Gerade im aktuellen geopolitischen Kontext ist es besonders wichtig, dass enge Partner gute und stabile Beziehungen pflegen.

Das gilt für die Schweiz und die Tschechische Republik – und ebenso für die Schweiz und die Europäische Union insgesamt. Bei den laufenden Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU ist die Absicht spürbar, vorwärts zu kommen und die bewährten bilateralen Beziehungen zu stabilisieren und weiterzuentwickeln. Es gibt indes noch offene Fragen und Positionen, die sich angleichen müssen. Daran arbeiten wir. Letztlich braucht es ausgewogene Lösungen zum Nutzen beider Seiten, um die Unterstützung in der Schweiz und in der EU zu erlangen. Beim Rückhalt in der EU spielen die Mitgliedsstaaten eine wichtige Rolle.

Die wohl wichtigste Aufgabe für die Zukunft unseres Kontinents ist es, Frieden und Sicherheit wiederherzustellen. Die Schweiz engagiert sich mit diesem Ziel langfristig für einen dauerhaften und gerechten Frieden in der Ukraine und für den Wiederaufbau des Landes. Seit Februar 2022 haben wir bereits drei grosse internationale Konferenzen zu diesem Themenkreis organisiert – in Lugano, auf dem Bürgenstock und in Lausanne. Ich bin dankbar für die Unterstützung, die wir durch die Tschechische Republik dabei erfahren durften.

Unsere Länder stehen solidarisch an der Seite der ukrainischen Bevölkerung – gerade jetzt, wo der bereits dritte Kriegswinter unmittelbar bevorsteht. Wir werden heute auch über weitere Konflikte sprechen, mit denen die Weltgemeinschaft konfrontiert ist, insbesondere diejenigen im Nahen Osten. Und wir werden uns austauschen über den Multilateralismus, der neuen Schub dringend benötigt.

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Herr Präsident
Exzellenzen

Die Schweiz und die Tschechische Republik haben als Erfindernationen in der bilateralen Zusammenarbeit viel Potential. Und als europäische Länder mit übereinstimmenden Werten und Interessen eine grosse Verantwortung, um – auch gemeinsam – zum Frieden und zur Prosperität in Europa und weltweit beizutragen.

Herr Präsident, Frau Pavlová, der Bundesrat in corpore freut sich sehr über Ihren Besuch, auf den heutigen Austausch und auf die künftigen Kontakte zwischen unseren Ländern!

Rede von Bundespräsidentin Viola Amherd anlässlich des Staatsbesuchs des Präsidenten der Tschechischen Republik Petr Pavel