«Die ersten Resultate sehen vielversprechend aus»
Vom 31. März bis 11. April 2025 hat das Bundesamt für Rüstung armasuisse in Zusammenarbeit mit der Schweizer Armee den Sensor für das neue bodengestützte Luftverteidigungssystem mittlerer Reichweite (Bodluv MR) erprobt. Der Projektleiter III, Ralf Ströher, stand für ein Interview über das Projekt und die Erprobung zur Verfügung.
Lucia Egger, Fachbereich Kommunikation, Strategischer Stab
Was wurde zwischen dem 31. März und dem 11. April 2025 genau erprobt?
Wir erprobten das Radargerät Hensoldt TRML-4D des deutschen Herstellers Hensoldt AG. Dies ist der Sensor des Systems IRIS-T SLM von Diehl Defence GmbH & Co KG, welches wir als neues System Bodluv MR beschaffen wollen.
Wie und warum wurde der Sensor erprobt?
Einerseits sind wir sehr daran interessiert, wie sich der Sensor in unserer Schweizer Topografie verhält. Insbesondere Gebirge stellen eine grosse Herausforderung für die Technologie dar, da sie Abschattungen und unerwünschte Reflexionen verursachen. Andererseits können wir die Leistungsfähigkeit des Sensors unter realen Bedingungen anhand von Erprobungsflügen gut einschätzen. Verschiedene Luftfahrzeuge, die sich in Bezug auf Geschwindigkeit und Grösse stark unterscheiden, wurden in präzis definierten Missionen geflogen und vom Sensor erfasst und aufgezeichnet. Dabei ging es um die Grundfunktionen des Sensors, Ziele im Erfassungsbereich genau zu erkennen und voneinander zu unterscheiden. Mit Hilfe eines Radarzielsimulators wurden zusätzlich Ziele dargestellt, die wir nicht fliegen können oder dürfen, wie zum Beispiel Marschflugkörper oder andere Ziele, die sehr klein oder sehr schnell sind.
Weiter nahmen wir Abklärungen in Bezug auf Frequenzverträglichkeit mit zivilen Systemen vor, zum Beispiel den Wetterradaren von MeteoSchweiz, dem Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie.
Erste Einblicke in operationelle Aspekte und in geringem Masse auch logistische Abklärungen vervollständigten die Erprobung.
Die ersten Resultate sehen vielversprechend aus, ich möchte aber den detaillierten und sorgfältigen Auswertungen durch die Spezialistinnen und Spezialisten nicht vorgreifen.
Was ist der aktuelle Stand des Projekts und wie sehen die nächsten Schritte aus?
Wir befinden uns in einer fortgeschrittenen Phase der Vertragsverhandlungen. In den nächsten Monaten werden wir diese abschliessen und die rechtlichen Voraussetzungen für den Abschluss im Rahmen der European Sky Shield Initiative (ESSI) schaffen. Voraussetzung für eine Beschaffung über ESSI ist die Teilnahme an der entsprechenden Programmvereinbarung im Rahmen des übergeordneten Memorandum of Understanding. Der Abschluss dieser Programmvereinbarung ist in Bearbeitung, danach kann der Vertrag unterzeichnet werden.
Was bedeutet es für das Projekt, dass es im Rahmen von ESSI beschafft wird, und wie unterscheidet es sich von Projekten, die «herkömmlich» beschafft werden?
Die Beschaffung über die European Sky Shield Initiative ist eine besondere Form einer internationalen Kooperation. Die Initiative wurde 2022 von Deutschland lanciert und basiert auf der Notwendigkeit, die Luftverteidigung in Europa zu stärken und die Anstrengungen besser zu bündeln. Durch eine gemeinsame Beschaffung können die Teilnehmerstaaten von Skaleneffekten profitieren. Zudem wird die Interoperabilität zwischen den Partnerstaaten verbessert. Es gibt für Beschaffungen im Rahmen von internationalen Kooperationen bis anhin noch nicht klar definierte Vorgaben und Vorlagen aus früheren oder aktuellen Beschaffungen. Dies ist für das Projektteam sehr anspruchsvoll und herausfordernd. Es ist aber auch motivierend, neue Wege einzuschlagen.
Wann wird das System voraussichtlich eingeführt?
Wir arbeiten darauf hin, die erste Feuereinheit bis Ende 2028 zu erhalten. Weitere Systeme sollen zügig folgen. So kann die Luftwaffe im 2029 die notwendigen Schritte für eine erfolgreiche Einführung einleiten.
Weiterführende Informationen
Kurzporträt Ralf Ströher
Ralf Ströher ist derzeit als Projektleiter III für das neu zu beschaffende System zur bodengestützten Luftverteidigung mittlerer Reichweite (Bodluv MR) bei armasuisse tätig. Er ist Diplom-Ingenieur für Luft- und Raumfahrttechnik und hat seine berufliche Laufbahn als Zeitmilitär bei der deutschen Luftwaffe begonnen. Es folgten Tätigkeiten in der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie, überwiegend als Teilprojektleiter in komplexen boden- und luftgestützten Lenkwaffenprojekten. Bei armasuisse arbeitete er in den Systemteams der Trio-Systeme Rapier, Stinger und M Flab und war Teilprojektleiter im Bodluv Grosse Reichweite sowie Projektleiter für die Nutzungsverlängerung der mittleren Fliegerabwehr M Flab Sensorverbund.



