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Veröffentlicht am 29. Mai 2024

«Die Nachhaltigkeit beschränkt sich nicht allein auf technische Prozesse, sondern schliesst immer auch deren Zweck und Nutzen mit ein.»

Hanspeter Kaufmann ist wissenschaftlicher Projektleiter bei armasuisse Wissenschaft und Technologie (W+T). In seiner Tätigkeit stehen Fragen und Herausforderungen wie zum Beispiel alternative Treibstoffe für die Armee, Energieversorgung des Heeres oder mobile Energieträger im Fokus. In einem Interview beleuchtet er wichtige Aufgabengebiete und gibt einen Ausblick in die Zukunft.

Interview mit Hanspeter Kaufmann, Wissenschaftlicher Projektleiter, geführt durch Sarah Trösch, Stab, armasuisse W+T

Porträtfoto Dr. Hanspeter Kaufmann

Was sind Deine Aufgaben als wissenschaftlicher Projektleiter bei armasuisse W+T?

Bisher vor allem die Leitung von Studien, Projekten und Veranstaltungen zum Thema Energie für die Verteidigung und Sicherheit, mit Fokus auf die Mobilität und Agilität der Armee. Hierzu auch die Pflege des notwendigen internationalen Fachaustausches im Rahmen unserer Beziehungen zur Europäischen Verteidigungsagentur (EVA). Weiter auch die Koordination und Konsolidierung von Stellungnahmen im Rahmen der Ämterkonsultation zu politischen Geschäften von Parlament und Bundesrat. Zudem auch die Bereitstellung von technologischen Hintergrundinformationen zu internationalen Treffen für die Geschäftsleitung.

Wie bist Du zu Deinem heutigen Beruf gekommen? Hast Du Dich schon immer für Nachhaltige Entwicklung interessiert?

Ursprung meiner beruflichen Tätigkeit war ein generell grosses Interesse an allem, was die Welt zusammenhält. Als Verfahrenstechniker habe ich mir hierzu die notwendigen Grundkenntnisse verschafft, um die chemisch-physikalischen Prozesse besser zu verstehen, die in der Natur und Technik ablaufen. Die Nachhaltigkeit solcher Prozesse war dabei schon immer Teil meiner Arbeit.

Was müssen Technologien im militärischen Kontext erfüllen, um nachhaltig zu sein?

Die Nachhaltigkeit beschränkt sich nicht allein auf technische Prozesse, sondern schliesst immer auch deren Zweck und Nutzen mit ein. Aus militärischer Sicht muss die Nachhaltigkeit sicherstellen, dass ein Staat in jeder Lage und unter allen Bedingungen über die notwendigen Ressourcen und Ausrüstung verfügt, um seine Verteidigung und Sicherheit sicherzustellen. Dies gilt analog auch für die Technologien, die ein Staat hierzu einsetzt.

Wo bestehen dabei Hürden und Schwierigkeiten?

Für die Schweiz ergeben sich die Hürden und Schwierigkeiten hauptsächlich aus ihrer Rohstoffarmut und geringen Grösse. Insbesondere die geringe Grösse im Vergleich zu anderen europäischen Staaten und entsprechend überschaubaren eigenen Markt führen dazu, dass auch nachhaltige Lösungen erst dann finanziell interessant werden, wenn sie von internationalem Interesse sind. Der internationale Handel gehört gleichzeitig aber auch zu den verletzlichsten Beziehungsgeflechten eines Staates.

Welches aktuelle Nachhaltigkeitsprojekt bei armasuisse W+T beschäftigt Dich gerade am meisten und wieso?

Zurzeit versuchen wir einen Demonstrator für die Bereitstellung und Nutzung von Wasserstoff für Verteidigungszwecke aufzubauen. Damit können die Armee, die LBA und weitere VBS-interne Kreise, praxisnahe Erfahrungen mit diesem vielversprechenden Energieträger sammeln und armasuisse erhält einen realistischen Einblick in die echten Investitions- und Betriebskosten dieser zukunftsorientierten Form der Energiebereitstellung für Elektrizitäts-, Treib- und Brennstoffzwecke. Da Wasserstoff als Betriebsstoff in der Armee noch nicht eingeführt wurde, gilt es in diesem Projekt viele zukünftig involvierte Stellen vom Nutzen und Zweck eines solchen Demonstrators zu überzeugen.

In welchen Bereichen siehst Du in Zukunft am meisten Potenzial?

Das grösste Potenzial der Nachhaltigkeit liegt auch in Zukunft in der Bereitschaft der Bevölkerung, sich überhaupt für die Sicherheit und Verteidigung einzusetzen. Dicht gefolgt wird es danach darum gehen, die Vorteile nachhaltiger Lösungen für den zuverlässigen Betrieb von Mitteln und Truppen zu etablieren, die einer raschen Situationserfassung und agilen, zielorientierten Reaktion dienen. Dies auch in Fällen, wenn kein Verlass mehr auf die zivile Infrastruktur besteht. Eine möglichst zuverlässige Versorgung mit Gütern und Know-How aus eigenen Ressourcen oder über ein international breit diversifiziertes Angebot hat deshalb das grösste Nachhaltigkeitspotenzial für die Aufgaben der Verteidigung.

Und wie kann armasuisse W+T am meisten dazu beitragen?

Als Beschaffungsbehörde und Instrument des Rüstungschefs trägt armasuisse am meisten zu einer nachhaltigen Zukunft der Verteidigung bei, indem sie die sich eröffnenden Chancen im Technologiebereich aufmerksam wahrnimmt. Als öffentliches Amt, wird sie insbesondere darauf achten müssen, trotz ihrer Monopolstellung nicht in Trägheit zu verfallen, und die sich bietenden Chancen proaktiv richtig einzuschätzen, um dem Rüstungschef rechtzeitig überzeugende Argumente in der Diskussion um Beschaffungsschwerpunkte zu liefern.

Was bedeutet der Energietag für Dich? Und wo siehst Du den positiven Output des Energietages?

Mit dem Energietag bietet armasuisse der Industrie und der Forschung die Möglichkeit, sich im Rüstungsmarkt prominent zu präsentieren, sich mit VBS-internen Stellen zu vernetzen sowie im Konkurrenzumfeld ihre «Pflöcke einzuschlagen». In diesem Sinne schätze ich es sehr, dass die Geschäftsleitung von armasuisse W+T dies ermöglicht hat und bereit ist, dass damit verbundene Geschäftsrisiko zu tragen.

Seit 2018 arbeitet Hanspeter Kaufmann bei armasuisse Wissenschaft und Technologie als wissenschaftlicher Projektleiter. Zuvor war er in verschiedenen Führungspositionen im Bereich der Forschung und Innovation bei der RUAG angestellt. An der ETH Zürich und in der Basler Chemie seine Sporen als Verfahrenstechniker abverdienend, blickt er zurück auf eine reiche Berufserfahrung in unterschiedlichen Branchen und stets im internationalen Austausch. Privat findet er Ausgleich in diversen Aktivitäten und Engagements stets die Zwischenmenschlichkeit voranstellend.