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Abwehr von Mini-Drohnen

Mit diesem Beitrag aus der Reihe des Clusters Spezialprojekte des Fachbereiches Führungssysteme möchten wir den Leserinnen und Lesern die Welt der Abwehr von Mini-Drohnen näherbringen. Wie können Drohnenangriffe erfolgreich abgewehrt werden? Und wo steht die heutige Technologie im Kampf gegen Drohnenangriffe? Diese und weitere Fragen versucht das Vorhaben Abwehr von Mini-Drohnen zu beantworten.

Stefan Keller, Leiter Fachbereich Führungssysteme, Kompetenzbereich Führungs- und Aufklärungssysteme

Eine Abfangdrohne mit integriertem Netzwerfer in Aktion.

In den letzten Jahren hat die Verbreitung kommerzieller Drohnen stark zugenommen. Die Verfügbarkeit und der damit verbundene Anstieg des Bedrohungspotentials werden zunehmend als Bedrohung der Einsatzkräfte in allen Lagen erkannt.

Das Bedrohungspotential betrifft sowohl die Kräfte am Boden als auch Flugplätze und den Flugbetrieb als solches.

Es bestehen beim Kommando Operationen Absichten, im Rahmen eines Vorhabens im Bereich der (Mini-)Drohnenabwehr für den Schutz kritischer Infrastrukturen, aber auch zum Selbstschutz von Truppen, sowie für die Sicherung von Flugplätzen, Systeme zur Abwehr von Mini-Drohnen zu beschaffen.

Drohnenabwehr besteht vereinfacht ausgedrückt aus der Detektion, einer Verifikation und der Intervention / Abwehr eines Zieles. Im Bereich der Detektion (Sensorik) und der Verifikation (Lagedarstellung und Entscheidungsunterstützung) liegen die Stärken des Fachbereich Führungssysteme.

Für das Vorhaben ist der Fachbereich Führungssysteme zuständig, der mit Spezialisten aus Radar und Optronik die Beschaffung durchführen wird. Es werden hierbei aber bei Bedarf noch weitere Partner aus den anderen Kompetenzbereichen hinzugezogen.

Parallel arbeitet Wissenschaft und Technologie im Rahmen von Forschungsprojekten mit diversen Industriepartnern und Bildungsinstituten in diesem Themengebiet zusammen. Zudem unterstützt uns das Schweizerische Drohnen- und Robotikzentrum (SDRZ) im Vorhaben tatkräftig.

Der Kompetenzbereich Luftfahrtsysteme ist zuständig für die Beschaffung von Minidrohnen, sodass dort ein Knowhow Aufbau hinsichtlich Bedrohungspotential stattfindet.

Prozess zur Abwehr von Mini-Drohnen

Prozessschritte zur Abwehr von Mini-Drohnen.
Prozessschritte zur Abwehr von Mini-Drohnen.

 

Das Vorhaben Abwehr von Mini-Drohnen beinhaltet die dargestellten farbigen Prozessschritte: Detektion, Tracking, Klassifizierung, Identifikation und Neutralisierung.

Beschreibung des Prozesses der Drohnenabwehr

Beschreibung des Prozesses der Drohnenabwehr
Bezeichnung Beschreibung Beispiel
Prävention

Präventive Massnahmen:

Zur Reduktion des Risikos durch Fahrlässigkeit: z.B. Einrichten von Flugverbotszonen, Information zu Verhaltensregeln.

Zur Reduktion des Schadensrisikos:

z.B. bauliche Massnahmen, Tarnung, Taktik.

Broschüre mit Verhaltensregeln für Piloten.
Detektion

Die Detektion von Objekten im Luftraum.

Die Detektion wird charakterisiert durch die Detektions-Rate und Falsch-Alarm-Rate.

Mittels Radar ein Objekt im Luftraum entdecken.
Tracking Verfolgen des Zieles mit Sensoren sowie Berechnung resp. Abschätzung der Trajektorie des Zieles. Nachverfolgung des Zieles mittels Radar und automatisches Nachführen einer Kamera.
Klassifizierung Einteilung von Objekten anhand bestimmter Merkmale in vordefinierte Klassen.
Einteilung eines Objektes als Drohne oder als Vogel mittels der Sensorik.
Identifikation Extrapolation von Eigenschaften der Drohne, beispielsweise bzgl. Anzahl Rotoren, Modell, Nutzlast, Freund-Feind, inkl. Lokalisierung des Piloten oder Abschätzung der Absichten.

Bei kooperativen Zielen: Auslesen der Drohnen Identifikation zur eindeutigen Identifizierung anhand der Seriennummer.

Bei nicht-kooperativen Zielen: Identifikation als Produkt XY anhand diverser Sensorinformationen.

Neutralisierung Neutralisierung der Gefahr durch verhältnismässige Aktion (Soft- oder Hardkill).

Softkill: Blenden der Kameras einer Spionagedrohne oder Stören des GPS-Signals.

Hardkill: Abschuss der Zieldrohne mittels kinetischer Mittel.

Auswertung Auswertung des Schadens, des Kollateralschadens, der Ziel-Drohnen etc. Auswertung der Logfiles der Drohne um Startort zu bestimmen oder weitere Informationen auszulesen.

Die drei Hauptkomponenten der Drohnenabwehr

Ein Gesamtsystem zur Abwehr von Drohnen stützt sich auf 3 technische Hauptkomponenten:

  • Die Sensoren zur Wahrnehmung der Umwelt und Detektion möglicher Ziele,
  • den Kern in der Ausprägung eines Führungssystems als Schnittstelle zwischen Sensoren, Effektoren und dem Bediener (Command and Control – C2) sowie
  • die Effektoren zur Bekämpfung von Zielen.

Sensorik

Sensoren: Rechts ist die visuelle Kamera zu erkennen. Im Hintergrund fliegt die Drohne knapp über dem Waldrand auf das Dorf zu.
Sensoren: Rechts ist die visuelle Kamera zu erkennen. Im Hintergrund fliegt die Drohne knapp über dem Waldrand auf das Dorf zu.

 

Die Sensoren müssen die Drohnen detektieren, lokalisieren, verfolgen, klassifizieren und identifizieren.

Führungssystem

Das Führungssystem (C2-System) muss die Informationen der Sensoren analysieren / auswerten und darstellen sowie Handlungsoptionen vorschlagen oder teilweise sogar ausführen.

Effektoren

Effektor: Eine Abfangdrohne mit integriertem Netzwerfer in Aktion.
Effektor: Eine Abfangdrohne mit integriertem Netzwerfer in Aktion.

 

Die Effektoren müssen die Bedrohung reduzieren oder neutralisieren.

Verschiedene Ausprägungen eines Drohnenabwehrsystems

Verschiedene Ausprägungen eines Drohnenabwehrsystems.
Verschiedene Ausprägungen eines Drohnenabwehrsystems.

Verschiedene Ausprägungen eines Drohnenabwehrsystems: Die einfachste Ausprägung ganz links beinhaltet einen Luftraumbeobachter zur Meldung von Drohnen und zur Alarmierung. In der zweiten Ausprägung verwendet der Mensch zur Verbesserung seiner Wahrnehmung technische Sensoren, verfügt aber noch nicht über Mittel zur Neutralisation einer Bedrohung. Eine weitere Möglichkeit ist es, den Menschen mit Effektoren auszustatten, beispielsweise mit Netzpistolen oder -gewehren. Ein umfangreicheres System (ganz rechts) zur Abwehr beinhaltet verschiedene Sensor- und Effektorsysteme sowie ein C2-System. Wie komplex die Ausprägungen für eine effektive Abwehr ist, wird durch das entsprechende Szenario bestimmt.

Vorhaben Abwehr von Mini-Drohnen

Im Vorhaben Abwehr von Mini-Drohnen sollen erste Systeme beschafft werden, um den Schutz von kritischen Infrastrukturen, militärischen Flugplätzen oder von Anlässen durch Heer, Luftwaffe oder Militärpolizei sicherstellen zu können. Da es sich um eine neue Fähigkeit in der Armee handelt, soll ein Fähigkeitsaufbau sichergestellt werden. Fedpol hat sich ebenfalls bereits gemeldet und Interesse bekundet, sich am Vorhaben zu beteiligen.