Übergabe von Tauchroboter an die Schweizer Armee
Das Schweizer Drohnen- und Robotik-Zentrum von armasuisse Wissenschaft und Technologie forscht gemeinsam mit Tethys Robotics der ETH Zürich und dem Kommando Kampfmittelbeseitigung und Minenräumung (KAMIR) an einem Tauchroboter. Nach rund zweijähriger Zusammenarbeit mit KAMIR konnte ein erster Prototyp am 30. Mai 2022 an die Taucher des Kommando KAMIR übergeben werden.
17.06.2022 | Kai Holtmann, Schweizer Drohnen- und Robotik-Zentrum VBS, armasuisse Wissenschaft und Technologie

Es ist dunkel, die Sicht ist schlecht und es herrscht Stille. Ausgerüstet mit Trockenanzügen, Atemluft und Taschenlampen suchen Taucher des Kommando Kampfmittelbeseitigung und Minenräumung (KAMIR) unter Wasser nach Munition. In Form von Blindgängern und anderen Munitionsrückständen liegen davon noch über 8'000 Tonnen in Zielgebieten und Versenkungsstellen von Schweizer Gewässern. Das Suchen und Bergen dieser Munition ist für den Menschen nicht nur anspruchsvoll, sondern gefährlich wie auch zeitintensiv, und beinhaltet oft repetitive Tätigkeiten. Zur Unterstützung bei solchen und ähnlichen Anwendungen forscht das Schweizer Drohnen- und Robotik-Zentrum (SDRZ VBS) von armasuisse Wissenschaft + Technologie zusammen mit Tethys Robotics der ETH Zürich und später mit den Tauchern des Kommando KAMIR an einem Unterwasserroboter.
Begonnen hat diese Zusammenarbeit mit ersten Tests im Thunersee 2019. Der damalige kabelgebundene Roboter «Scubo 2.0» wurde durch Forscher von Tethys Robotics ferngesteuert, um vorgängig platzierte Munitionsstücke unter Wasser zu finden und zu greifen. Das Ziel: zu evaluieren inwiefern ein solcher Roboter die Taucher bei Aufgaben wie der Unterwasseraufklärung, Logistikaufgaben und der Manipulation von Objekten unterstützen und entlasten kann. Sowohl das Finden als auch das Greifen stellten sich jedoch als schwierig heraus, da «Scubo 2.0» bis dahin nur unter Laborbedingungen getestet wurde. Um Anwendungen ausserhalb der kontrollierten Laborumgebung zu ermöglichen, waren grundlegende Anpassungen notwendig.
Während rund zwei Jahren wurde der Roboter komplett überarbeitet und in praxisnahen Szenarien, zusammen mit den Tauchern und weiteren Anwendern eingesetzt und evaluiert. Das Resultat dieser Tests ist der Roboter «Proteus», welcher zusätzlich zu Kameras mit einem Tiefensensor, Unterwasser-GPS, Sonar, LEDs zur Beleuchtung und einem Greifer ausgestattet ist. Auch die Struktur und Hülle wurde grundlegend überarbeitet und ermöglicht nun Arbeiten in einer Tiefe bis zu 600 Metern, sodass der Grund aller Schweizer Gewässer erreichbar ist. Die Energieversorgung ist neu akkugestützt und erlaubt Einsätze von bis zu vier Stunden. Dennoch ist der Roboter weiterhin kabelgebunden, um grössere Mengen an Daten unter Wasser zuverlässig und zeitnah zur Bedienstation an die Oberfläche zu senden, wo diese weiterverarbeitet werden und von wo aus der Roboter gesteuert werden kann.
Die sehr enge Zusammenarbeit von Forscher und Anwender hat dazu geführt, dass der Roboter «Proteus 22» eine genügend hohe Technologiereife erreicht hat und im Rahmen der SDRZ-Initiative ARDET (Advanced Robotic Detachement) am 30. Mai 2022 an die Taucher des Kommando KAMIR übergeben werden konnte. Mit ARDET wird Anwendern ermöglicht, Technologie, die noch nicht auf dem Markt verfügbar ist, zu testen und einzusetzen. So können einerseits neue Fähigkeiten aufgebaut werden und andererseits bereits frühzeitig Erfahrungen in diversen militärischen Domänen gesammelt werden. Die Erkenntnisse und Verbesserungsvorschläge aus diesen Einsätzen fliessen anschliessend zurück an die Forscher zur Weiterentwicklung des Systems.
Parallel dazu forscht Tethys Robotics bereits an neuen Technologien, um die Unterwasserrobotik voranzutreiben. So wird beispielsweise untersucht, wie der Sonar kamerabasierte Navigationsalgorithmen unter Wasser zuverlässiger und präziser machen kann. Zusätzlich arbeitet die Forschungsgruppe an einem Roboter mit stärkeren Motoren und strömungsoptimierter Aussenhülle. Dieses weltweit erste Demonstrationsmodell soll stationäre Arbeiten in Fliessgewässern ermöglichen, welche für Taucher bislang bei starker Strömung unmöglich waren. Sobald diese Technologien eine genügend hohe Robustheit aufweisen, können sie auf das System der Taucher übertragen werden, so dass diese erneut vom neusten Stand der Technik profitieren können. So wird die enge Zusammenarbeit weitergeführt, um neuste Technologien in der Anwendung zu testen und um gleichzeitig die Forschung praxisnah voranzutreiben.