ARCHE 2024 – Forschungsdemonstratoren für die zukünftige Katastrophenhilfe
ARCHE steht für Advanced Robotic Capabilities for Hazardous Environments. Vom 1. bis 5. Juli 2024 fand dieser Anlass bereits zum siebten Mal insgesamt und zum zweiten Mal im militärischen Übungsdorf in Epeisses, in der Nähe von Avully, statt. Im Gegensatz zur ersten Ausgabe von ARCHE - im Jahr 2018 - steigerte sich die Zahl der Forschenden von 40 auf 180.
Sarah Trösch, Stab, Kompetenzbereich Wissenschaft und Technologie

Unter der Leitung des Schweizer Drohnen- und Robotik-Zentrums (SDRZ), zugehörig zu armasuisse Wissenschaft und Technologie (W+T) und in Zusammenarbeit mit dem Lehrverband Genie/Rettung/ABC (LVb G/Rttg/ABC) und der ETH Zürich testen die Teilnehmenden von ARCHE die Anwendungstauglichkeit aktueller Schweizer Robotik- und Drohnen-Systeme für die Unterstützung von Armee und anderen Behörden mit Sicherheitsaufgaben im Rahmen der Katastrophenhilfe.
ARCHE bietet Forschenden die Möglichkeit, teilweise zum ersten Mal ihre Forschungsdemonstratoren für den Katastrophenschutz in einem realistischen Gelände zu testen. Bisher wurden diese Systeme zum grössten Teil im Labor getestet. Im Feld erkennen die Forschenden nun, was bereits gut funktioniert aber auch wo ihre Demonstratoren noch Verbesserungsbedarf aufweisen beziehungsweise robuster sein müssen und, welche Werkzeuge im Gelände nötig sind, um schnell auf Probleme des Systems reagieren zu können. ARCHE bringt die Katastrophenschutz-Forschungsgemeinschaft zusammen und ermöglicht den Teilnehmenden auch die Verbindung zum Bedarfsträger – sprich der Schweizer Armee und weiteren Behörden mit Sicherheitsaufgaben – herzustellen.
Der gegenseitige Austausch zwischen den Forschenden und den Bedarfsträgern birgt eine Win-Win-Situation für die Beteiligten: Zum einen kann der Bedarfsträger den Forschenden aufzeigen, was sie brauchen, was sie interessant finden und wo sie Schwierigkeiten bei ihren sicherheitsrelevanten Aufgaben haben. Zum anderen erhält der Bedarfsträger einen realistischen Einblick in die Forschung und bringen so in Erfahrung, wie weit die Systeme fortgeschritten sind und welchen Technologiereifegrad der Stand der Technik hat.
Nachfolgend werden einige Forschungsdemonstratoren vorgestellt, welche zum ersten Mal an der ARCHE von ihren jeweiligen Entwicklern im Feld getestet wurden.
Magnecko – ein Kletterroboter mit magnetischen Füssen
Der Kletterroboter namens Magnecko soll in Zukunft für Inspektionen an Schiffswänden, Brücken und Stahlträgern eingesetzt werden. Magnecko kann herauszufinden, ob das jeweilige Bauwerk Risse oder Rost aufweist oder ob eine Schraube locker ist. Der Roboter dient also vor allem zur Prävention: Er soll Fehler an der Infrastruktur entdecken, bevor es zu einer grösseren Katastrophe kommt. Er wird von einem Studententeam der ETH Zürich entwickelt.
Speziell an Magnecko ist, dass die im Roboter integrierten Magnete auch ohne Strom angeschaltet bleiben. Das heisst, dass der Roboter auch bei einem Stromausfall weiterhin funktioniert. Magnecko wurde zum ersten Mal in einer reellen Umgebung getestet. In einem weiteren Schritt soll nun ein zweiter Prototyp realisiert werden, mit Verbesserungen aufgrund der gesammelten Erkenntnisse bei den Versuchen an der ARCHE.

Der Lasten-Hebe-Roboter Leva
Leva, ebenfalls ein Studentenprojekt der ETH Zürich, ist ein Roboter, der Lasten heben kann. Leva ist nämlich darauf spezialisiert Eurokisten, welche unter Anderem in der Armee verwendet werden, selbstständig vom Boden hochzuheben und zu transportieren - dies bis zu einem Gewicht von 85 Kilogramm. So kann er Menschen beim Tragen von Lasten, insbesondere in der Logistik, helfen. Leva kann dabei sogar Treppen steigen. Zum Beispiel Material für die Erste-Hilfe oder Bergungsgeräte können in Zukunft von Leva transportiert werden. Als nächster Schritt soll der Roboter sich autonomer bewegen und selbstständig die Kisten verladen können.
Aithon – eine Drohne mit Saugnäpfen für die Brückeninspektion
Die Drohne namens Aithon, entwickelt von einem Team der ETH Zürich, soll in Zukunft das Bauwesens revolutionieren. Im Flug schafft es eine Drohne nicht, Risse in beispielsweise Brücken präzise zu erkennen aufgrund der Bewegung der Drohne. Deshalb braucht es eine Drohne, welche sich am Bauwerk selbst festmachen kann. In diesem Sinne haben die Forschenden von Aithon-Robotics eine Drohne mit Saugnäpfen entwickelt. Dies ermöglicht auch, dass Werkzeuge mit der Drohne präzise und in der Höhe eingesetzt werden können.
Ein Radar, der prüfen kann, ob sich im Beton Feuchtigkeit befindet und ein herkömmlicher Bohrer, der Löcher für Installationen bohren kann, um beispielweise einen Sensor zu montieren, der Schwingungen messen kann, während ein Fahrzeug über die Brücke fährt sind Beispiele von solchen Sensoren. Ein Kernbohrer kann ausserdem bei Rettungsaktionen eingesetzt werden, um Zugang in Trümmern für Inspektionsroboter oder Rettungstruppen zu gewährleisten. Ausserdem kann er für die Entnahme von Gesteinsproben dienen.
Die Drohne soll für verschiedenste Bauwerkinspektionen eingesetzt werden, neben Brücken auch für Staumauern und Tunnel. Gerade bereits in die Jahre gekommene Bauwerke sollen dank der Drohne sicher inspiziert werden. Dadurch können präventiv Verbesserungen vorgenommen werden, welche für mehr Sicherheit sorgen und komplette Schliessungen von Bauwerken verhindern.
FLIFO und boarAI
Das gemeinsame Projekt der Fachhochschule Graubbünden und der Ost-Schweizer Fachhochschule, ist ein Roboter namens boarAI, welcher bei der Erkennung von Giftstoffen in einem Gebäude hilft. Der Roboter kann autonom mit Hilfe von GPS-Wegpunkten fahren und hat einen Lidar-Sensor. Dank diesem kann er Hindernissen ausweichen. Weiter befinden sich an Bord des Roboters Sensoren zur Gefahrstofferkennung. Beispielsweise Sensoren um nukleare Strahlungen zu erkennen oder solche, die gasförmige Strahlungen, sprich Giftstoffe, detektieren.
Auf dem Computer der Forschenden sieht man eine Gefahrenstoff-Karte aus Daten, die der boarIA und die beiden Drohnen, welche mit denselben Sensoren ausgerüstet werden, senden.
Der nächste Schritt in der Entwicklung sieht vor, eine intelligente Suchstrategien mittels KI-Algorithmen zu entwickeln, damit die Drohnen und der Roboter so selbstständig ein Gebiet erkunden können. So könnte die Gefahrenquelle noch schneller gefunden werden.
Ein weiteres Projekt der FHGR nennt sich FLIFO und ist eine Drohne, welche ebenfalls dieses Jahr zum ersten Mal an der ARCHE anzutreffen war. Hinter dieser Entwicklung steht die folgende Problemstellung: Je grösser die Propeller eine Drohne sind, desto effizienter ist diese. Aber dann passt sie nicht mehr durch kleine Spalten oder Fenster hindurch. Die Lösung liefert die Drohne FLIFO. Speziell an dieser Drohne ist, dass sie ihre Form verändern kann – sie klappt ihre Arme ein: Dadurch ist sie zwar kurzzeitig ineffizient, aber dafür nur noch halb so gross wie ausgeklappt. So könnte die Drohne in Zukunft in verschüttete Gebäude fliegen und bei der Ortung von Menschen helfen.

Bis zur nächsten ARCHE
armasuisse Wissenschaft und Technologie bedankt sich für die spannende ARCHE 2024 und freut sich bereits auf die nächste Ausgabe im Jahr 2025.






